Evaluation der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention der Landeshauptstadt Stuttgart

Evaluation der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention der Landeshauptstadt Stuttgart

Laufzeit: von 2018 bis 2019
Auftraggeber: Landeshauptstadt Stuttgart
Mitarbeitende: Oliva, Martin, Görgen, Schu

Aufgabe

Wie vergleichbare Großstädte hat auch die Landeshauptstadt Stuttgart im Verlauf der letzten 30 Jahre als Reaktion auf die Zunahme von Sucht- und Drogenproblemen ein differenziertes Suchthilfesystem aufgebaut, das sich an spezifische Zielgruppen (z. B. Kinder und Jugendliche, bestimmte Suchtformen, Frauen und Mädchen, Migrant*innen) richtet bzw. auf spezielle Problemlagen (z. B. Wohnungslosigkeit, chronifizierte Suchterkrankungen, Doppeldiagnosen) fokussiert.

Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 wurde die Bereitstellung von Mitteln zur externen Evaluation der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention der Landeshauptstadt Stuttgart beschlossen. Das Sozialamt der Landeshaupt Stuttgart hat im Frühjahr 2018, nach einer nationalen Ausschreibung, FOGS mit der Umsetzung beauftragt.

Die Evaluation ist darauf ausgerichtet, das gesamte Versorgungssystem der zuwendungsfinanzierten ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention der Landeshauptstadt Stuttgart sowohl hinsichtlich der Gesamtstruktur als auch in Bezug auf das Angebots- und Maßnahmenspektrum sowie der in der Stadt implementierten Steuerungsstrukturen zu analysieren und zu bewerten.

Mit Blick auf die ambulante Suchthilfe und Suchtprävention soll im Rahmen des Evaluationsvorhabens analysiert werden, inwieweit wesentliche Ziel- und Bedarfsgruppen suchtgefährdeter und suchtkranker Personen durch die Angebote und Maßnahmen erreicht werden. Dabei sollen Optimierungspotenziale hinsichtlich der Umsetzung, konzeptionellen Ausgestaltung und Wirksamkeit der Angebote aufgezeigt und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Insgesamt soll die externe Analyse und Bewertung darauf zielen, eine belastbare empirische Grundlage für weiterführende (politische) Entscheidungen zur künftigen Ausrichtung und qualitativen Weiterentwicklung des Suchthilfesystems der Landeshauptstadt Stuttgart schaffen.

Umsetzung

FOGS verfolgte bei der Umsetzung des Vorhabens einen mehrdimensionalen und responsiven Evaluationsansatz, der unterschiedliche Verfahren der empirischen Sozialforschung verknüpft und die umfassende Beteiligung der Träger und Einrichtungen beinhaltete: Grundlage der Untersuchung war eine ausführliche systematische Sekundäranalyse der vorliegenden Unterlagen, Materialien und Dokumentationen der Behörden, Ämter und Träger vor dem Hintergrund der Ziele und Fragestellungen der Evaluation. Darüber hinaus wurden qualitative Gespräche mit Expert*innen aus Suchthilfe und -prävention sowie angrenzender Hilfefelder geführt. Zudem beinhaltete die Evaluation schriftliche Befragungen und vertiefende qualitative Interviews mit relevanten Behörden und Trägern (aus Suchthilfe und -prävention sowie angrenzender Hilfefelder) und der Selbsthilfe sowie Betroffenen/Angehörigen. Als weiterer Baustein wurden drei Workshops mit den Schnittstellenhilfefeldern der Jugendhilfe, der Sozialpsychiatrie und der Wohnungsnotfallhilfe durchgeführt

Das Vorhaben wurde von einem Beirat begleitet, der mit Vertreter*innen aus Verwaltung, Trägern und Selbsthilfe besetzt war. Die Erkenntnisse aus den verschiedenen Erhebungsschritten wurden von FOGS miteinander in Beziehung gesetzt, anhand fachlicher Bewertungskriterien reflektiert und entsprechend in einem Abschlussbericht zusammengefasst.

Ergebnisse

Die Evaluation zeigte, dass das ambulanten Suchthilfesystem der LHS Stuttgart über eine Reihe von Stärken verfügt. So arbeitet in der LHS ein breites Spektrum erfahrener Träger, Einrichtungen und Angebote mit sehr gut qualifiziertem Personal. Insgesamt gibt es ein differenziertes, fachlich gut aufgestelltes und zielgruppenadäquates Hilfesystem, insbesondere mit Blick auf die Beratung, Behandlung und Betreuung suchtkranker Frauen, die Beratung, Behandlung (Substitutionsambulanzen) und Betreuung substituierter Personen und essgestörter Personen. Für von Drogenabhängige wird ein ausdifferenziertes Hilfeangebot vorgehalten, wenngleich Drogenkonsumräume fehlen. Zugang und Grad der Erreichung (Epidemiologie) sind insbesondere in Bezug auf illegal Drogenabhängige sehr gut. Die Angebote und Hilfen der ambulanten Suchthilfe und der Suchtprävention können überwiegend als wirksam bewertet werden. Die Träger haben ihr Qualitätsmanagement gut strukturiert und Gremien- und Netzwerkstrukturen sind gut ausgebaut.

Gleichwohl kann auch in Stuttgart Verbesserung erzielt werden, Handlungsbedarfe wurden in der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention insbesondere in folgenden Bereichen festgestellt:

Ambulante Suchthilfe:

  • Künftig stärkerer Fokus auf den Alkoholbereich – flächendeckender Ausbau des Projekts chronisch mehrfach beeinträchtigter Abhängiger
  • Verstärkung und Ausbau von Früherkennung und -intervention
  • Weiterentwicklung des Hilfesystems mit Blick auf 12- bis 27-Jährige mit Suchtproblemen
  • Aufbau Drogenkonsumraum
  • Anpassung der Zugangswege (u.a. durch mehr aufsuchende Arbeit und verstärkte Kooperation mit Jugendhilfe, Wohnungsnotfallhilfe und Sozialpsychiatrie)
  • Stärkere Systematisierung und Standardisierung der Arbeitsweise sowohl mit Blick auf die Problemerfassung und Diagnostik als auch die Prozesskontrolle sowie die Ergebnissicherung und -kontrolle
  • Verstärkte Umsetzung einer integrierten träger- und handlungsfeldübergreifender Hilfeplanung (Jugendhilfe, Wohnungsnotfallhilfe und Sozialpsychiatrie)
  • Verstärkte Einbindung von Betroffenen, Selbsthilfe und Selbstvertretung (bspw. im Suchthilfeverbund und anderen Gremien).

Ambulante Suchtprävention:

  • Bedarfsanalysen, stärkere Nutzung evaluierter Programme und projektbezogene Qualitätsstandards
  • Verstärkt Angebote der Frühintervention (gemeinsam mit der Suchthilfe)
  • Vermehrt auf vulnerable Zielgruppen ausrichten (selektive und indiziert Prävention) und stärker auf das Setting Familie fokussieren
  • Stärkung von Präventionsangeboten, die sich an Multiplikator*innen und Schlüsselpersonen in den Lebenswelten richten
  • Mehr Verhältnisprävention bzw. eine stärkere Verknüpfung von Verhältnis- und Verhaltensprävention.