Wirkungsevaluation der sozialmedizinischen Nachsorge nach dem Modell Bunter Kreis

Wirkungsevaluation der sozialmedizinischen Nachsorge nach dem Modell Bunter Kreis

Laufzeit: von 2012 bis 2021
Auftraggeber: Bundesverband Bunter Kreis e. V.
Mitarbeitende: Schu, Kirvel, Martin

Aufgabe

Nach Entwicklung und vErankerung der Sozialmedinischen Nachsorge als Leistung des SGB V (§ 43 Abs. 2) wollte der Bundesverband Bunter Kreis die Evaluation von Wirkungen der sozialmedizinischen Nachsorge durch die zugehörigen Einrichtungen ausbauen. Dabei sollten die Qualität weiterentwickelt und zunehmend Wirkung und Funktionsmechanismen in den Blick genommen werden. Im Kern stand die Überprüfung der Zieldimensionen der Arbeit: Erreichung der besonders hilfebedürftigen Familien und die Förderung ihrer Selbsthilfefähigkeiten durch Umsetzung von Case Management. Dazu sollte die Evaluation neben klienten- und umsetzungsbezogenen Aspekten insbesondere die Entwicklung von Selbstwirksamkeit und Leistungsfähigkeit der Eltern in den Blick nehmen. Ziel war zum einen, den Einrichtungen ein Feedback zur Unterstützung der Qualitätsentwicklung vor Ort zu ermöglichen als auch, dem Bundesverband eine übergreifende Evaluation zu erstellen. Die Evaluation soll sich insbesondere auf eine strukturierte abschließende Fallbewertung sowie Befragungen der Eltern stützen.

Umsetzung

Unterstützt durch eine Projektgruppe mit Vertreter*innen des Bunten Kreises hat FOGS zwei Instrumente entwickelt: Mit der Fallabschlussdokumentation, die seitens der Einrichtungen und Fallbetreuer*innen bearbeitet wird, werden Ziele, Leistungen und Einschätzungen zu Wirkungen und Zufriedenheit erfasst. Zur Wirkungsevaluation wurde eine Befragung der Familien zu zwei Zeitpunkten entwickelt. Auch hier werden Zieldimensionen der Betreuung betrachtet. Kernkriterien sind dabei die Selbstwirksamkeit (mittels SWE nach Jerusalem & Schwarzer, 1981) und Leistungsfähigkeit (mit dem ULQIE nach Goldberg & Storck, 2002) der Eltern. Zudem werden Coping, Handlungskompetenz der Eltern und Adhärenz, aber auch die Umsetzung von Case-Management-Essentials sowie Zufriedenheitsdimensionen betrachtet. Die Befragung der Eltern erfolgt zu Beginn der sozialmedizinischen Nachsorge und vier Wochen nach deren Abschluss. Die Instrumente durchliefen 2012/2013 einen Pretest und seit 2014 stehen allen Einrichtungen des Bunter Kreis e. V. die Evaluationsinstrumente zur Verfügung.

2017 wurden die Evaluationsinstrumente gemeinsam mit Praktiker*innen angepasst und werden seit 2018 in der neuen Form eingesetzt. Die Evaluationsbogen werden beim Bundesverband in Augsburg zentral eingegeben bzw. zusammengeführt und regelmäßig – bis 2021 – von FOGS ausgewertet. Jährlich erhalten die – zuletzt über 100 – Einrichtungen/Standorte im Sommer des Folgejahres ihre Einzelauswertungen und der Bundesverband im Herbst den Gesamtbericht.

Ergebnis

Sowohl die einzelnen Einrichtungen als auch der Bundesverband können so seit Jahren datengestützt über ihre Arbeit berichten. Eine derart beständige Form fachlich fundierter Evaluation über eine stetig gestiegene Anzahl an Mitgliedseinrichtungen und an betreuten Fällen ist selten. So wurden zuletzt (für das Jahr 2020) die Daten von 75 teilnehmenden Einrichtungen mit über 5.000 Betreuungsfällen ausgewertet und insgesamt 112 Berichte für die Einrichtungen und Nebenstellen erstellt. Die sozialmedizinische Nachsorge erreicht erfolgreich nicht nur gezielt Familien mit höherem Unterstützungsbedarf, bspw. aufgrund von Früh- und/oder Mehrlingsgeburten, sondern auch (andere) benachteiligte Gruppen der Bevölkerung: Alleinerziehende, Familien mit niedrigem Bildungs- und Einkommensniveau – rund ein Viertel der Familien verfügt über einen niedrigen sozialen Status. Zum Teil wird die eingeschränkte finanzielle Situation durch die Erkrankung der Kinder weiter erschwert: Allein in gut einem Fünftel der Fälle führt die Erkrankung zu (weiteren) finanziellen Einschränkungen, bspw. weil Eltern weniger arbeiten können. Familien mit Migrationshintergrund werden entsprechend ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung erreicht.

In Familien mit schwer und z. T. chronisch kranken Kindern haben Geschwisterkinder eine schwierige Rolle und müssen vielfach zurückstecken. Auch wenn deren Unterstützungsbedarf im Zeitverlauf rückläufig ist, so hatten doch auch zuletzt noch ein Viertel der Geschwisterkinder Hilfebedarf. Die sozialmedizinische Nachsorge nimmt auch ihre Situation in den Blick. Nicht wenige Einrichtungen haben eigene Angebote für Geschwisterkinder oder leiten die Kinder zu anderen Maßnahmen weiter.  

Die Ergebnisse der Jahresauswertungen zeigen, dass die sozialmedizinische Nachsorge ihre guten Ergebnisse Jahr für Jahr stabil reproduzieren und zudem die Prozesse weiter verbessern konnte. Die sozialmedizinische Nachsorge sorgt in durchschnittlich gut drei Monaten mit rund zehn persönlichen Kontakten für eine Stärkung der Familien und festigt ihre Selbsthilfefähigkeit. Dabei sind Hausbesuche ebenso selbstverständlich wie eine bedarfsbezogene Ausgestaltung von Kontakthäufigkeit und -dauer. Sogar unter den Bedingungen der Corona-Pandemie konnten durchschnittlich knapp sieben Hausbesuche pro Fall durchgeführt werden. So konnten Selbstwirksamkeit und Leistungsfähigkeit in allen Jahren in immer neuen Familien gesteigert werden, sodass der Großteil der Familien, trotz oftmals großer Anforderungen, zukünftig auch ohne Nachsorge im Alltag zurechtkommen.

Die Angaben und Bewertungen der Eltern zeigen, dass die sozialmedizinische Nachsorge wesentliche Kernelemente von Case Management umgesetzt hat und dass 98 % der betreuten Familien (sehr) zufrieden sind. Diese Rückmeldung ist umso gewichtiger, da sie anonym vier Wochen nach Abschluss der Betreuung von den Eltern abgegeben wurde. Weitere Informationen zu den Ergebnissen finden Sie hier.